Dieser Beitrag gehört zur Artikelserie Richtlinien für barrierefreie Webinhalte WCAG 2.0. Er soll die Erfolgskriterien, Bedeutung und Umsetzung der Richtlinie 3.3 Hilfestellung bei der Eingabe darstellen sowie Website Beispiele aufzeigen.
„Helfen Sie den Benutzern dabei, Fehler zu vermeiden und zu korrigieren.“
Erfolgskriterien der Richtlinie 3.3
- 3.3.1 Fehlererkennung: Wenn ein Eingabefehler automatisch erkannt wird, dann wird das fehlerhafte Element identifiziert und der Fehler wird dem Benutzer in Textform beschrieben. (Stufe A)
- 3.3.2 Beschriftungen (Labels) oder Anweisungen: Wenn der Inhalt eine Eingabe durch den Benutzer verlangt werden Beschriftungen (Labels) oder Anweisungen bereitgestellt. (Stufe A)
- 3.3.3 Fehlerempfehlung: Wenn ein Eingabefehler automatisch erkannt wird und Korrekturempfehlungen bekannt sind, dann werden diese Empfehlungen dem Benutzer bereitgestellt, außer dies würde die Sicherheit oder den Zweck des Inhalts gefährden. (Stufe AA)
- 3.3.4 Fehlervermeidung (rechtliche, finanzielle, Daten): Für Webseiten, die eine für den Benutzer auftretende rechtliche Verpflichtung oder finanzielle Transaktion zur Folge haben, die Benutzer-gesteuerte Daten in Datenspeicherungssystemen ändern oder löschen oder die Testantworten des Benutzers abschicken, gilt mindestens eines der Folgenden: (Stufe AA)
1. Reversibel: Versendete Daten sind reversibel.
2. Geprüft: Vom Benutzer eingegebene Daten werden auf Eingabefehler überprüft und der Benutzer erhält die Gelegenheit, diese zu korrigieren.
3. Bestätigt: Es gibt einen Mechanismus, um Informationen zu überprüfen, zu bestätigen und zu korrigieren, bevor sie endgültig abgesendet werden.
- 3.3.5 Hilfe: Es gibt eine kontextsensitive Hilfe. (Stufe AAA)
- 3.3.6 Fehlervermeidung (alle): Für Webseiten, die verlangen, dass der Benutzer Informationen absendet, gilt mindestens eines der Folgenden: (Stufe AAA)
1. Reversibel: Versendete Daten sind reversibel.
2. Geprüft: Vom Benutzer eingegebene Daten werden auf Eingabefehler überprüft und der Benutzer erhält die Gelegenheit, diese zu korrigieren.
3. Bestätigt: Es gibt einen Mechanismus, um Informationen zu überprüfen, zu bestätigen und zu korrigieren, bevor sie endgültig abgesendet werden.
Bedeutung der Richtlinie
Menschen mit Behinderungen haben größere Schwierigkeiten, Eingaben fehlerfrei zu erstellen, Fehlermeldungen zu erkennen oder zu verstehen. Ziel der Richtlinie 3.3 Hilfestellung bei der Eingabe ist es, die Anzahl an schwerwiegenden Fehlern zu reduzieren und die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass alle Benutzer (z. B. auch Benutzer von Screenreadern) Fehler erkennen und verstehen, wie sie sie beheben können.
In der Regel profitieren von der Umsetzung der Richtlinie 3.3 Hilfestellung bei der Eingabe alle Benutzergruppen. Nicht als solche gekennzeichneten Pflichtfelder, kaum sichtbare Fehlermeldungen zu Beginn des Formulars oder fehlende Informationen zur korrekten Eingabe der Daten (z. B. bei der Auswahl eines Passwortes mit bestimmten Mindestanforderungen) sind Probleme, auf die die meisten Internetnutzer irgendwann einmal stoßen. Gerade im Bereich des Online-Shoppings können Formulare, die die Techniken der Richtlinie 3.3 nicht anwenden, hohe Abbruchraten zur Folge haben, wenn Formulare nicht korrekt ausgefüllt werden können und potenzielle Käufer resignieren.
Umsetzung der Richtlinie
3.3.1 Fehlererkennung
Werden Felder in einem Formular fehlerhaft ausgefüllt, so sollte der Benutzer möglichst deutlich darauf hingewiesen werden, wo genau Fehler aufgetreten sind und wie diese behoben werden können. Hinweise auf fehlerhaft oder nicht ausgefüllte Felder können – zusätzlich zur textlichen Hervorhebung – auch farbig markiert werden.
Besonders hilfreich ist die Prüfung auf Fehler bereits bei der Eingabe und nicht erst nach dem Abschicken eines Formulars. Benutzereingaben können dabei über ein client-seitiges Script schon während der Eingabe validiert werden.
Die visuelle und textliche Kennzeichnung von Pflichtfeldern ist eine weitere Technik zur Erfüllung der Richtlinie. Der Hinweis auf Pflichtfelder sollte dabei oberhalb des Formulars gegeben sein und kann durch Farbe zusätzlich hervorgehoben werden.
3.3.2 Beschriftungen (Labels) oder Anweisungen
Durch sinnvolle Beschriftungen und Anweisungen können fehlerhafte Eingaben durch Benutzer verringert werden. Gerade bei Nutzern von Screenreadern ist die Beschriftung von Elementen wichtig, um deren Zusammengehörigkeit zu zeigen.
Hierzu dient das Label-Element der Verknüpfung von Beschriftungen und Steuerelementen. Dabei muss das Attribut „for“ den gleichen Wert wie die id des Steuerelements besitzen. Die Zuweisung einer ID ist wichtig, um eine korrekte Zuordnung zu gewährleisten. Beispiel:
Die Bereitstellung von Hinweisen und Anweisungen geben dem Benutzer nötige Informationen über die auszufüllenden Eingaben. Ein Beispiel für das Hinzufügen von Hinweisen zum Ausfüllen von Formularen ist ein Feld zur Eingabe eines Datums, das einen vorausgefüllten Beispieltext enthält, der das korrekte Format des Datums anzeigt.
Durch das Hinzufügen von Informationen und Hinweisen soll eine Seite nicht mit – für die meisten Nutzer möglicherweise irrelevanten Informationen – überladen werden. Vielmehr soll denjenigen Benutzern Hilfestellung geboten werden, die diese auch benötigen.
3.3.3 Fehlerempfehlung
Dieses Erfolgskriterium dient dazu, dem Benutzer Empfehlungen bereitzustellen, wie ein Fehler beseitigt werden kann, um die Häufigkeit der Änderung des Eingabewertes zu verringern. Hierbei ist es auch hilfreich, eine client-seitige Gültigkeitsprüfung bereits bei der Eingabe der Daten durchzuführen.
3.3.4 Fehlervermeidung (rechtliche, finanzielle, Daten)
Menschen mit Lesebehinderungen oder z. B. motorischen Behinderungen sind anfälliger, Fehler bei der Eingabe von Daten zu machen. Das Erfolgskriterium 3.3.4 soll sicherstellen, dass ernsthafte Konsequenzen durch fehlerhafte Eingaben vermieden werden. Angenommen, ein Benutzer gibt bei einer Flugbuchung fehlerhafte Daten ein – wie ein falsches Abflugdatum – so kann er nach der Buchung seinen Fehler nicht oder nur durch hohe Kosten wieder beheben lassen.
Abhilfe schafft hier die Möglichkeit, wie sie in den meisten Online-Shops wohl verfügbar ist, alle Daten einer Transaktion (z. B. Kauf) vor dem finalen Abschicken nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren.
Eine weitere Technik zur Erfüllung des Erfolgskriteriums ist die Bereitstellung eines definierten Zeitraumes, innerhalb dessen eine Bestellung durch den Benutzer verändert oder storniert werden kann.
3.3.5 Hilfe
Reichen Informationen durch Beschriftung nicht aus, so sollte für das Erreichen der Konformitätsstufe (AAA) eine kontextsensitive Hilfe zur Verfügung stehen. Eine Technik zur Erfüllung des Erfolgskriteriums ist die Bereitstellung einer Rechtschreibprüfung und von Vorschlägen für Texteingaben.
3.3.6 Fehlervermeidung (alle)
Auch Erfolgskriterium 3.3.6 zielt auf die Vermeidung von Fehlern ab. Dabei geht es jedoch nicht um speziell rechtliche oder finanzielle Daten wie in Erfolgskriterium 3.3.4. Vom Benutzer eingegebene Daten sollten auf ihre Gültigkeit geprüft werden und die Möglichkeit bestehen, diese zu korrigieren. Vor dem endgültigen Absenden sollten die Benutzereingaben geprüft und bestätigt werden.
Beispiele zur Richtlinie
Der Mobilfunk-Serviceprovider mobilcom debitel stellt seinen Besuchern bei der Eingabe der persönlichen Daten im Bestellprozess Hilfetexte zum Ausfüllen der einzelnen Felder bereit. Wird ein Feld angeklickt, so erscheint rechts daneben ein kurzer Hinweis zum korrekten Ausfüllen der Daten. Werden Felder nicht oder nicht korrekt ausgefüllt, so werden diese sofort rot hervorgehoben. Eine zusätzliche textliche Markierung dieser Felder wäre jedoch wichtig, um z. B. Besucher, die Sehschwächen besitzen, Screenreader benutzen oder rot-grün-blind sind, auf diese Felder aufmerksam zu machen.
Der Online-Versender Amazon.de bietet seinen Kunden die Möglichkeit, Bestellungen nach dem Absenden zu überarbeiten oder sogar zu stornieren. Fehlerhaft eingegebene Daten, wie z. B. eine veraltetete Lieferanschrift oder falsche Mengenanzahl, können so selbst nach dem Abschicken der Bestellung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes korrigiert werden.
Um Benutzern auf Jobsuche Hilfestellung zu geben, werden auf den Seiten der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit zusätzliche Informationen zur Eingabe in das Formular bereitgestellt. Zudem erscheinen verwandte Vorschläge zu den eingegebenen Begriffen.
Die Inhalte und Erfolgskriterien der Richtlinie 3.3 Hilfestellung bei der Eingabe sind in der deutschen Übersetzung nachzulesen unter www.w3.org.
Weitere Informationen zur Richtlinie finden sich auf der Website der Aktion Mensch einfach-fuer-alle.de.
Der nächste Artikel ist gleichzeitig auch der letzte Beitrag der Artikelserie rund um die WCAG 2.0 Richtlinien und beschäftigt sich mit der WCAG 2.0 Richtlinie 4.1 Kompatibel.