Der Konsument, das unbekannte Wesen. Was mag er lieber? Online einkaufen oder im Tante Emma-Laden um die Ecke. Beides, meint Holger Maaß, Geschäftsführer der Hamburger Firma Fittkau & Maaß.
Auf dem Kommunikationskongress hamburger dialog präsentierte Maaß die Ergebnisse der 16. W3B-Studie. Seit 1995 versucht seine Firma, mit einer Umfrage zum Thema Internet, das komplexe Kaufverhalten der User zu ergründen – von der Informationsbeschaffung über die Warenannahme bis zum Service. Ein Schwerpunkt lag dabei 2003 auf so genannten Multichannel-Strategien.
Jeder zweite Deutsche besitzt mittlerweile Zugang zum World Wide Web. 60 Prozent der Nutzer kaufen Produkte im Internet ein, im Schnitt neun Mal im Jahr. 1,7 Milliarden Euro Umsatz machten deutsche Unternehmen vergangenes Jahr mit Bestellungen per Mausklick. Doch viele Kunden wollen weiterhin auch das reale Kauferlebnis vor Ort. Das neue Zauberwort beim E-Commerce lautet daher Multichannel-Management. Gemeint ist die parallele Verwendung mehrerer Vertriebskanäle. Der Verkauf findet kombiniert im Internet, im Geschäft, über Call-Center-Bestellung oder via Fax-Order statt.
Besonders wichtig ist, alle Synergieeffekte zwischen den einzelnen Kanälen zu berücksichtigen, betont Maaß. Zwar sei eine halbwegs gut laufende Online-Filiale für Firmen oft günstiger als die komplette Infrastruktur für einen realen Laden. ‚Auf allen Kanälen alle Leistungen anzubieten ist aber ineffizient‘, sagt der Experte. Denn: ‚Ein Cabrio will ich Probefahren. Bei Versace, Gucci und Prada möchte ich mich im Laden hofieren lassen‘. Die WWW-Einkaufs-Analyse seiner Firma zeigt, dass Multi-Channel-Shopper mehr Geld ausgeben als Menschen, die nur offline oder ausschließlich im Netz einkaufen. Eine Herausforderung sei es nach wie vor, diesen mehrdimensionalen Kaufprozess zu steuern, erklärt Krautwald. Das Problem: ’85 Prozent der Nutzer informieren sich online über Preise und Produkte eines Unternehmens, aber nur 65 Prozent kaufen bei der entsprechenden Niederlassung des Anbieters vor Ort‘.
Die W3B-Studie betrachtet zum einen, welche Produkte sich im Netz am besten verkaufen. Hier stehen Bücher (80,1 %) sowie Computertechnik, Soft- und Hardware (76,8 %) an der Spitze. An dritter Stelle liegen Angebote aus dem Bereich Bank-Geschäfte und Broking (69,3 %). Zum anderen zeigt die Analyse der Umfrage, inwiefern sich Kaufbereitschaft und –wirklichkeit unterscheiden. Während von knapp 70 Prozent interessierter User über 65 Prozent tatsächlich ein Buch bestellen, weichen beispielsweise bei der Online-Buchung von Veranstaltungskarten Kaufmotivation und endgültige Bestellung stark voneinander ab: 42,5 Prozent planen, ein Ticket zu erwerben, aber nur 22,4 Prozent setzen die Idee wirklich um. Gründe für dieses gehemmte Konsumverhalten sieht Maaß in der Skepsis gegenüber den Sicherheitsbedingungen beim Zahlungsverkehr sowie im Risiko einer verspäteten Lieferung.
Bei der Buchung von Reisen ist das Internet vor Katalogen und Reisebüros mit 86 Prozent die am häufigsten genutzte Informationsquelle. Das World Wide Web dient bei der Urlaubsplanung vor allem dazu, Preistransparenz zu schaffen. Lediglich 54,4 Prozent schließen das Geschäft letztendlich online ab. Lediglich die Buchung von Hotels, Flügen und Mietautos sowie standardisierter Pauschalangebote funktioniert allein via Internet. Knapp 50 Prozent der befragten Internet-User bestellen ihre Reise weiterhin am liebsten in Verbindung mit einem persönlichen Gespräch.
Auch dem Phänomen des Abbruchs von Online-Einkäufen geht die W3B-Studie nach. Hauptgründe liegen hier bei den Kosten: 74,2 Prozent der Nutzer ist die Lieferung zu teuer. 64,7 Prozent entdecken, dass der Offline-Preis doch günstiger ist. Wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit ließen 68,2 Prozent ihren voll gepackten Einkaufswagen unbezahlt stehen. Fehlende Anwender-Freundlichkeit (Userbility) führte ebenfalls zum Abbruch des Internet-Shopping: 62,3 Prozent der Web-Nutzer konnten ihr gewünschtes Produkt einfach nicht finden.
Maaß Fazit klingt verhalten optimistisch: Der Internet-Boom um die Jahrtausendwende habe enormen Zuwachs an Usern gebracht, die nun bereits erfahren sind im Bereich des E-Commerce. Die Zahl der Internet-Neulinge, die Kaufkraft mitbrächten, wachse jedoch nur langsam an.