Am 25. November 2011 fand im Side Hotel in Hamburg das Social Web Breakfast statt. Als Sprecherin war Susanne Liedtke (Social Media Marketing Managerin – Bon Prix) eingeladen.

Facts

Bon Prix (Unternehmen der Otto Group) erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von 1,1 Milliarden Euro, hat 25 Millionen Kunden (90% Frauen), ist in 22 Ländern mit seinem Sortiment vertreten und agiert online in 13 Sprachen und 17 Ländern. Das Unternehmen rangiert an Platz 6 der führenden E-Commerce Unternehmen und bietet seinen Kunden „Mode für jeden“ in der Altersgruppe 30-49. Bon Prix vergleicht sich nicht mit Takko oder KiK, sondern sieht sich mit H & M oder Zara im Wettbewerb.

Als vor einem Jahr Social Media für Bon Prix national und international geplant wurde, war es die grüne Wiese auf der sich Susanne Liedtke mit ihrem Team austoben konnte. Zunächst stellt sie sich die Frage: Was will Bon Prix? Wie läuft der Prozess? Gemeinsam mit einer Agentur und in verschiedenen Mitarbeiter Workshops entstanden zunächst Social Media Guidlines. Hauptthemen: Ansprache der User, Häufigkeit der Content Einstellung, Tonalität, Fotos,  Post Formulierungen, etc.

“Wir öffnen unser Wohnzimmer, nicht aber unser Schlafzimmer!”

Danach wurde sich über das Design Gedanken gemacht. Klar war von Beginn an, der Facebook Auftritt sollte nicht dem Online Shop ähneln. Der Auftritt soll die emotionale Seite von Bon Prix verkörpern; das Wohnzimmer, nicht aber das Schlafzimmer öffnen. Dazu gehört auch, dass die Gesichter der Social Media Tätigen zu sehen sind, Bilder von Unternehmensfeiern o. ä. Inhalte gehören zum Schlafzimmer und sind nicht bei Facebook zu finden.

Kleinere Herausforderungen stellte dann die Verlagerung der nationalen und internationalen Kommunikation auf die google docs Ebene dar, da einige Kollegen nicht einmal über google accounts verfügten. Mittlerweile werden die Redaktionspläne komplett über google docs verwaltet.

Tools, Tools, Tools

Neben Facebook werden Twitter (UK, D, NL), Flickr und Tumblr genutzt. Flickr dient Bon Prix allerdings primär nur als Bildspeicher (unterteilt in öffentliche & nicht öffentliche Bilder) und Tumblr wird intensiv für eine zukünftige Nutzung untersucht, da es mehr Platz bietet als Facebook. YouTube wird bisher wenig genutzt. Facebook wurde von Beginn an als Service-Kanal von den Nutzern wahrgenommen.

Was die zukünftige Tool Nutzung betrifft, so ist zukünftig ein zentrales Publishing sowie ein Banner Tool geplant. Momentan wird vieles noch manuell erledigt. Aber auch die Nutzung von google docs, bitly, hootsuit, sendable und socialbakers sollen weiter und effizienter genutzt werden. Für den Ausbau der people skills wird es Kulturmanagement Seminare geben, um den komplexen Anforderung in der internationalen Mitarbeiterkommunikation gewachsen zu sein.

“Ich sammle Geschichten und erzähle sie”

Kampagnenplanung findet derzeit von Hamburg aus statt. Geschichten laufen einem über den Weg, wenn man nur die Augen oder Ohren auf dem Flur offen hält oder sich mit Kollegen austauscht, sagt Susanne Liedtke. Um neben diesem Weg Themen zu finden, werden regelmäßig Telefonkonferenzen organisiert, die sich anfänglich auch etwas schwieriger gestalteten. An dem alle zwei Woche stattfindenden Austausch nehmen die Community Manager aller Länder teil. Osteuropa (Polen, etc.) wird aus Lotsch gesteuert; hier sprechen die Community Manager z. B.  weder Englisch noch Deutsch. In Italien, Frankreich und UK gibt es auch lokale Präsenzen. Zudem reiht sich bei vielen Social Media, nach dem klassischen Marketing, erst am Ende in die täglichen Aufgaben ein. Es musste also viel Arbeit in das Umdenken und die Flexibilität der Mitarbeiter gesteckt werden. Auch die Selbstverständlichkeit, dass Social Media nicht um 17 Uhr Feierabend hat und die meisten Kunden am Freitagabend oder am Wochenende tätig sind, musste erst erlernt werden.

Da einige Mitarbeiter vorher wenig bis gar nichts mit Social Media zu tun hatten, hat Bon Prix Sandkästen eingerichtet. Das sind nicht sichtbare Probeseiten, auf denen sich die Mitarbeiter ausprobieren dürfen und Susanne Liedtke auch schon mal Probe Posts setzt, welche die Community Manager weiter nutzen können oder auch inhaltlich berichtigen können. Diese Sandkästen erfüllen damit einen Punkt in der Frühwarnkette von Bon Prix und sichern parallel die Qualität der Bon Prix Guidlines. Aber auch durch Fans wurden in der Vergangenheit frühzeitig Infos gegeben, die später entdeckt worden wären und das Frühwarnsystem nachhaltig unterstützt haben.

“Aufmerksame Fans, die für “Bon Prix” antworten”

Mit der Facebook Seite hat Bon Prix von Beginn an den Anspruch, mit den Nutzern zu kommunizieren und nicht zu verkaufen; ein zweiter Vertriebskanal ist es somit nicht. Die Fans werden motiviert sich einzubringen, auf Fehler hinzuweisen, neue Ideen oder Verbesserungsvorschläge zu geben. Der Fan, der am positivsten aufgefallen ist, oder zu einer Problemlösung beigetragen hat, wird zum Fan des Monats gewählt und erhält eine kleine Aufmerksamkeit von Bon Prix. Es gibt in einigen Ländern, u. a. auch in Deutschland, Fans, die mittlerweile so gut mit dem Beschwerdemanagement oder den Abläufen bei Bon Prix vertraut sind, dass sie direkt bei Kundenfragen im Sinne von Bon Prix antworten, so dass die Community Manager teilweise, wissend um das Engagement ihrer Fans, mit einer Antwort abwarten. Ein besonderer Fan für Bon Prix ist, seit einer interessanten Twitter Konversation, Frau Flauschig geworden.

Auf die Frage, wie Bon Prix mit einem aufkommenden shitstorm umgehen würde, kann Susanne Liedtke daher zunächst sagen, dass es viele Fans in der Community gibt, die gewisse Situationen nicht zulassen würden. Eine bereits eingerichtete Kontaktkette klärt, welches Verhalten einer Situation gerecht ist. Bei einem weitergehenden Konflikt ist schnelles Handeln nötig. Auf welcher Plattform der Austausch dann stattfindet, ist Fallabhängig. Löschen oder nicht auf Posts reagieren, wäre das letzte Mittel von Bon Prix.

Ob Google+ eine weitere zu nutzende Möglichkeit wäre, ist aktuell kein Thema bei Bon Prix. Es fehlt noch an einer passenden Strategie und dementsprechend ist auch noch kein Content vorhanden. Bon Prix hat zwar ihre Seite bei G+ gelauncht, es wird allerdings zunächst beobachtet, welchen Mehrwert dieser Kanal in der Bon Prix Strategie bringen kann.

Der Blick hinter die Kulissen dieses international tätigen Unternehmens, mit komplexen Strukturen und anspruchsvollen Kunden, zeigt deutlich, dass Social Media keine leichte Disziplin ist und ein simpler Facebook Auftritt gelebt werden muss, durch viel Kompetenz, Erfahrung und Empathie, um mit den Fans auf Augenhöhe zu kommunizieren.

An dieser Stelle auch einen herzlichen Dank an das Social Web Breakfast Team, dass mit seiner Organisation und der Location Wahl, dem Side Hotel Hamburg, einen schönen Veranstaltungsrahmen geboten hat.