Vortrag auf der SMX 2011
Da nicht jeder meinen Vortrag auf der SMX hören konnte (was natürlich an terminlichen oder persönlichen Dingen lag und auf keinen Fall an der Tatsache, dass Rand Fishkin parallel gesprochen hat :D) und die ganze Präsentation eher auf der Tonspur ablief, hier noch einmal für Euch alle Slides mit Erläuterungen.
Worum ging’s überhaupt?
Ich wollte in dem Vortrag folgende Fragen klären:
1. Wozu brauche ich UGC?
2. Wie bekomme ich UGC?
3. Wenn ich UGC habe – was fange ich dann damit an?
Die ganze Vorstellungskiste habe ich relativ kurz gehalten, was ich hier auch machen werde. Erläutern möchte ich nur das Zitat: „Eine positive User Experience ist der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg. Google ist ein ausgesprochen anspruchsvoller User geworden.“ Vor etwa eineinhalb Jahren sagte man mir mal, ich würde Google maßlos überschätzen. Heute weiß ich: vielleicht habe ich das getan, aber man fährt damit extrem gut 🙂 Nachhaltiges SEO funktioniert einfach am Besten, wenn man Google als User betrachtet, nicht als Suchmaschine.
Diese Frage würde jeder spontan so beantworten: „Jedes Wort, das mir ein User produziert, muss ich bei Textbroker & Co. nicht bezahlen.“ Doch UGC kann noch viel mehr – stellen wir uns vor, unser Produkt IST UGC, d.h. wir haben eine Plattform im Netz, die von den Usern selbst getragen wird. Ein Traum, der sich auszahlt:
Ein Blick auf die Sichtbarkeit von gutefrage.net und Ihre Position im AGOF-Angebotsranking IV/2010 zeigt deutlich: UGC kann mir eine massive, potenzielle Reichweite über Google verschaffen und führt dabei zu besten Möglichkeiten, die eigene Seite zu vermarkten.
Der einfachste Weg, die Sichtbarkeitskurven von Websites ad Absurdum zu führen, ist, die Kurve von Wikipedia in den Graphen mit aufzunehmen. Wikipedia hat aktuell eine Sichtbarkeit von fast 7.000 Punkten und belegt fast 1.000.000 Platz 1 Rankings im deutschen Google Index! Und besteht dabei ausschließlich aus UGC. Nun kann man natürlich sagen: klar, dieses Projekt ist nicht kommerziell, sondern idealistisch getrieben. Es ist einfacher, auf dieser Basis eine Community zu bilden, die mein Produkt vorantreibt. Doch stellen wir uns vor: wir erreichen mit unserem kommerziellen Produkt nur ein Viertel oder ein Fünftel der Reichweite von Wikipedia – damit könnte man leben, oder? 🙂 Daher wenden wir uns der nächsten, spannenden Frage zu: wie bekomme ich überhaupt User Generated Content?
Hier sei jedem das Buch „The Tipping Point“ von Malcolm Gladwell ans Herz gelegt, über das ich schon auf Nerd in Skirt geschrieben habe. Gladwell behandelt die Frage: „Wie erreiche ich eine kritische Masse, wie kann eine Mode entstehen, ein Produkt zum Selbstläufer werden?“ Hierbei formuliert er drei Prinzipien: The Law of the Few, Stickiness und The Power of Context.
The Law of the Few besagt, dass einige Wenige mehr Einfluss haben als die Masse. In der Mode nennen wir diese Personen Trendsetter, im Marketing Meinungsführer.
Womit wir bei der Frage wären: kennen Sie die Meinungsführer Ihrer Branche? Wissen Sie spontan, welche 5 Twitterer am Häufigsten über Ihr Produkt, Ihren Brand oder Ihre Dienstleistung sprechen? Hier geht es um qualitatives Social Media Monitoring, das immer an das quantitative Monitoring angeschlossen sein sollte. Twitter habe ich als Beispiel gewählt, da Yahoo! Research erst vor Kurzem eine spannende Untersuchung veröffentlicht hat, die belegt, dass 50% der konsumierten Tweets von nur 0.05% der Twitterer produziert wird. Damit wird die Vorstellung, Twitter folge dem Prinzip der Many-to-Many-Kommunikation, in Frage gestellt. Zur Studie gehts hier lang.
Wenn Sie dann die Personen kennen, die über Sie sprechen, dann antworten Sie! Gerade bei einem direkten Mention hat sich diese Person die Mühe gemacht, Ihren Account zu finden, um Ihnen direktes Feedback zu geben. Und nicht nur die Kommunikation ist entscheidend: jeder Twitterer, der über Ihr Produkt Feedback gibt, ist eine kostenlose Usability-Versuchsperson und jeder, der einmal ein Usability-Lab in Auftrag gegeben hat weiß, wie aufwändig und teuer Usability-Testing sein kann. Daher: nehmen Sie das Geschenk an, auch wenn die Kritik vielleicht im ersten Moment weh tut 🙂
Zum Thema Stickiness muss natürlich Facebook als Best Practice herhalten, das einfach nach dem Prinzip funktioniert: je stärker Dein persönliches Netzwerk ist, desto stärker ist Facebook. Und wann waren Sie das letzte Mal bei Facebook, ohne dazu aufgefordert zu werden, Ihr Netzwerk zu erweitern? Zum Thema Stickiness noch ein SEO-Give-Away: achten Sie bei externen Links darauf, Ihre Bounce Rate (das Gegenstück zur Stickiness) nicht künstlich zu erhöhen. Nach außen linken ist gut, aber schauen Sie sich clevere Preisvergleiche an, die den User mindestens drei Klicks auf der eigenen Seite behalten, bevor er zum Anbieter geleitet wird – Google wird es Ihnen danken, wenn Ihre Seite derart sticky ist 🙂 Vergessen Sie hierbei natürlich nicht die User Experience: zu viel Stickiness kann wiederum extrem nervtötend sein…
The Power of Context beschreibt die Tatsache, dass Umwelteinflüsse für den Erfolg oder Nichterfolg eines Produktes mitentscheidend sind. Hierbei kann der Umwelteinfluss ein winziges Detail auf Ihrer Website sein, das dem gesamten Produkt schadet – und dieses Detail findet der User selbst am Besten! Daher: hören Sie auf Ihre Nutzer bei Usability- oder Conversion-Tests, im Social Media und in den SERPs. Und ganz wichtig: wenn Sie als Webmaster bei Google gut performen wollen, hören Sie auf Google und checken Sie regelmäßig die Google Webmaster Tools – hier kommuniziert Google direkt mit Ihnen!
Wenn UGC zum eigenen Produkt vorhanden ist, wie gehe ich dann damit um? Um diese Frage zu beantworten, haben wir uns einmal die vier werbestärksten Hersteller von FMCG im Jahr 2010 und ihre 112 Marken angesehen. Zunächst haben wir die entsprechende Brand-Website ermittelt, um dann zu überprüfen, welche Brand-Website zum eigenen Brand auf Platz 1 rankt. Die Ergebnisse sich
überraschend positiv: über 89% der Brand-Websites ranken auf Platz 1 zum eigenen Brand. Für uns interessant sind hier die Rankings 4, 5 und 9, denn hier liegt UGC vor dem eigentlichen Brand.
Ein schönes Beispiel ist die Petition zur Wiedereinführung des Happy Hippo Snacks. Während die eigentliche Brand-Website nur auf Platz 3 bzw. 4 zum eigenen Brand rankt, erscheint die Petition auf Platz 2. Hier finden wir 87 Kommentare von Usern, die sich dieses Produkt zurückwünschen, aber keine einzige Reaktion von Ferrero. Wie einfach wäre es, in diesem traumhaften Aktionsumfeld eine
gezielte Werbemaßnahme an Spreader zu starten?
Aus UGC können wir natürlich auch in Sachen Wording und Keyword-Recherche lernen: benutzen unsere Kunden möglicherweise andere Begriffe für unsere Produkte als wir selbst? Im Beispiel wird auf einen weiteren Umstand hingewiesen: Duplo Zartbitter ist ein Saison-Produkt, dessen Verknappung klare Marketingstrategie ist. Das Produkt kommt gut an und erreicht saisonal ein schönes Suchvolumen – doch weder die Website von Duplo, noch die Website von Ferrero ranken überhaupt zu „Duplo Zartbitter“! Hier fehlt die Verknüpfung von Offline- und Online-Marketing-Strategie.
Ein für mich selbst überraschendes Finding war, dass Google „Joghurette“ nicht zu „Yogurette“ korrigiert. Damit ist hier eine Falschschreibweise zur Marke im Index präsent, die ausschließlich von UGC abgedeckt wird. Hier gibt es natürlich das Problem, dass Falschschreibweisenoptimierung im Markenumfeld extrem schwierig ist, will man doch seine Marke sauber halten. Wenn Sie als keine Falschschreibweisen im Alt-Tag Ihrer Bilder unterbringen wollen, den „UGC“ auf der eigenen Seite mit einigen Typos versehen wollen oder beim Linkaufbau auf die Falschschreibweise achten, dann schalten Sie hier bitte SEA, so dass Sie zum eigenen Brand vertreten sind!
Und wichtig: googeln Sie sich selbst und betreiben Sie Reputation Management! Die Suche nach „Yogurette“ zeigt zwar, dass die eigentliche Brand-Website (inhaltsleer, JS-Weiterleitung zu ferrero…) zwar die Pole Position innehat, sie aber überhaupt nicht nutzt: kein Snippet-Design, kein Inhalt, somit keine Sitelinks etc. Als Brand hat man es aktuell so leicht, die ersten Plätze bei Google zuzubetonieren – wenigstens einen GUTEN Treffer sollte man haben, um damit den Negativstimmen (ganz unschön: der Wikipedia-Artikel zu Yogurette) etwas entgegen halten zu können.
Und last but not least: wenn Sie UGC auf Ihrer Seite haben, zeichnen Sie ihn richtig aus! Google steht auf Microdaten, Microformat und RDFa und gibt sehr detaillierte Anweisungen, wie das strukturierte Dokument aussehen sollte. Gerade die Einführung von Rezepten bei Google US zeigt, wie sehr Google auf strukturierte Daten abfährt – und Rich Snippets sind einfach etwas wunderbares! 🙂
So, vielen Dank, falls Sie bis hierhin drangeblieben sind 🙂 Ich danke für das positive Feedback zum Vortrag, es hat mir verdammt viel Spass gemacht und ich hoffe, dieser Artikel ist für all jene interessant und hilfreich, die aus schwerwiegenden, unabänderlichen Gründen nicht beim Vortrag dabei sein konnten 😀
[…] Dieser Artikel erschien am 07. April auf seo-news.de […]
Danke, sehr lesenswert! 🙂
Hallo Astrid, sehr schöner Beitrag. Das Thema seine eigene Marke zu beobachten (Twitter, Facebook, Google Alerts etc.) finde ich hoch spannend. Noch interessanter, dass es hier gerade bei großen Marken noch Baustellen gibt, die eigentlich recht schnelle geschlossen werden könnten.
Ein Kritikpunkt: Die Folien nur als Thumbnail einzustellen ist nicht so gut, da schlecht lesbar. Oder war das Absicht? 🙂
[…] SEO & User Generated Content var szu=encodeURIComponent(location.href); var […]
als weiterführende Lektüre zum Thema „UGC-was bringt es?“ kann ich folgenden Link empfehlen: http://www.handspiel.net/magazin/2011/03/17/virtuelle-gemeinschaft-realer-umsatz/ VG aus Leipzig 🙂
Danke für die Informationen. Ich habe gerade ein Experiment gestartet in wie weit sich eine Webseite ohne eigene Inhalte im Internet behaupten kann. Der gesamte Inhalt (abgesehen von den Einleitungstexten) soll auf user generated content aufbauen.
Meinen Sie ich könnte damit erfolg haben?
Über eine Einschätzung würde ich mich sehr freuen!