Bei der Wahl von Internetanbietern sind heutzutage viele Einflussgrößen relevant, wie zum Beispiel die Bandbreite, die Hardware, zusätzliche Services oder die Anschlusstechnologie. All diese Faktoren fließen in den Preis, für die meisten wohl das Hauptargument beim Kaufabschluss, ein. Für einen ersten Überblick nutzt man gern diverse Vergleichsseiten, verschafft sich einen Überblick und sucht dann die Webpräsenz des Anbieters seiner Wahl auf.

In meinem Fall ist es Kabel Deutschland anstatt Unity Media, da mein Wohnort nahe der Elbe ist. Killerargumente waren die höhere Bandbreite des Anschlusses via Kabelnetz im Vergleich zum Telefonnetz, die Möglichkeit TV, Telefon und Internet in einem Vertrag zu bündeln und der gute Preis. Ich begebe mich also auf die Seite von Kabel Deutschland. (Willy.Tel kommt noch ins Spiel)

Einfacher Bestellprozess am Beispiel von Kabel Deutschland

Fortschrittsanzeige im Bestellprozess von Kabel Deutschland

Fortschrittsanzeige im Bestellprozess von Kabel Deutschland

Angekommen auf dem Portal von Kabel Deutschland, kann ich als bereits interessierter und informierter sowie potenzieller Kunde nichts falsch machen. Hero Shot, USPs, Gütesiegel und Handlungsaufforderungen springen mir förmlich ins Gesicht – Internet und Telefonie sind einfach zu finden (Verfehlung unmöglich). Man begibt sich also in den Bestellprozess.

  1. Schritt: Ich bin interessiert – lande auf dem Portal
  2. Schritt: Auswahl des Produkts Internet und Telefonie
  3. Schritt: Verfügbarkeitscheck via Adresseingabe
  4. Schritt: Auswahl der Zusätzlichen Optionen (Routermodell, TV Angebot etc.)
  5. Schritt: Eingabe der Anschluss-, Rechnungs- und Versanddaten
  6. Schritt: Bestätigung und Bestellung des Anschlusses

Nach positiver Rückmeldung des Verfügbarkeitschecks, wähle ich das Routermodell und das zusätzliche TV Angebot, siehe Produktoptionen in der Fortschrittsanzeige von Kabel Deutschland. Der Preis aktualisiert sich automatisch, unterteilt in monatliche und einmalige Kosten – gutes Feature, guter Preis! Bestätigung und Schritt 5 Folgen: Adressdaten kompletieren, nicht neu eingeben. Die Daten aus dem Verfügbarkeitscheck sind schon vorgeschlagen. Ich bestätige das Ganze und bin fertig und zufrieden! Customer Journey erfolgreich gemeistert. So soll das sein! Das Alles geht sogar über das Smartphone, wenn man gerade neu eingezogen ist und noch kein Internet hat.

Und dann kommt das Erwachen zusammen mit dem Techniker.

Kabel Deutschland ist bei Ihnen im Haus leider gesperrt, da Ihr Hausverwalter bereits mit einem anderen Kabelanbieter (Willy.Tel) einen Exklusivvertrag hat. Dieser hindert jeweils andere Anbieter daran, das Signal zu benutzen.

Verfügbar bei Kabel Deutschland ist wohl nicht gleichbedeutend mit machbar.

Willy.Tel und die Reise ins Ungewisse

Willy Tel? Komisch, war da nicht was mit “Schiller”? Egal! Gegoogelt und siehe da: Tatsächlich! Kabelanbieter im Raum Hamburg. Sehr gute Bewertungen. Da wird dem Kaufentscheidungsprozess vorgegriffen und Willy.Tel nimmt praktisch eine Monopolstellung ein. Man lässt sich gerne darauf ein, zumal die Landung auf der Startseite im ersten Schritt sehr vielversprechend einfach und unkompliziert zu sein scheint.

(2) Startseite von Willy.Tel

(2) Startseite von Willy.Tel

 

Man wird direkt per Call 2 Action auf das Kombi Paket aus Telefon & Internet hingewiesen (Siehe Bild 2). Ist ja bisher nicht viel anders als bei Kabel Deutschland. Das Angebot wählt man gerne! Schritt 2 schnell erledigt. Und man wird auf eine wiederum sehr übersichtliche Seite mit 2 möglichen Produkten weitergeleitet, wobei diese sich lediglich durch das Vorhandensein der Telefonflatrate unterscheiden. Die restlichen Informationen bezüglich zusätzlicher Services, Verfügbarkeit und lieferbarer Hardware kommen bestimmt während der nächsten Schritte. Ganz so, wie man es jetzt gewohnt ist.

Da die Flatrate aber in den letzten Jahren nicht nur bei den Providern zum Trendbegriff geworden ist, fühlt man sich für 5 € mehr im Monat geneigt, das Willy.Duoflat Angebot auszuwählen. (Siehe Bild 3)

Produktauswahl Internet und Telefonie Willy.Tel

Produktauswahl Internet und Telefonie Willy.Tel

 

Die einzigen sichtbaren Handlunsgaufforderungen sind die Telefonnummer oben rechts und die internationalen Optionen unter den Angeboten. Eine Aufforderung den gewünschten Tarif „Jetzt“ zu wählen, findet nicht statt.

Bestelllung Online?

Man klickt auf das Angebot, nichts passiert. Man will das Angebot unbedingt haben – Internetsucht! Wieso zeigt einem die Seite nicht an, was man anklicken soll, um endlich seinen gewünschten Anschluss zu bestellen? Schritt 3 wird zu einer mausintensiven Suchaktion. Doch siehe da – Produktbestellung als anklickbarer Link ganz unten auf der Seite (Siehe Bild 4). Das war knapp! Die Absprungrate freut sich trotzdem über Zuwachs!

(4) Produktbestellung via PDF bei Willy.Tel

(4) Produktbestellung via PDF bei Willy.Tel

 

PDF in Klammern? Bestimmt muss man zusätzlich zu der Onlinebestellung einen unterschriebenen Vertrag zuschicken. Sicherheit geht vor! Den Link voller Vorfreude angeklickt, um mehr Informationen zu erhalten und die Bestellung abzuschließen. Da wird man tatsächlich mit einer PDF konfrontiert (Siehe Bild 5).

(5) Bestellprozess in der PDF bei Willy.Tel

(5) Bestellprozess in der PDF bei Willy.Tel

 

Nachdem man bereits bei Schritt 3 fast das Weite gesucht hätte, wegen fehlendem Call 2 Action (wie das wohl auf den Conversion Funnel wirkt?), überlegt man es sich in diesem Schritt ebenfalls zwei Mal, ob man am Ball bleibt.
Wie einfach wäre es gewesen einen “Wähle Jetzt diesen Tarif”-Button zu setzen, um in Schritt 4 die Produktpräferenzen, die auch in der PDF stehen, auswählbar und optional anzubieten.
Im letzten Schritt werden dann die verschiedenen Adressen abgefragt und der Prozess wird bestätigen. (ganz nebenbei dürfte das auf Prozessseite im Unternehmen einiges an Kosten sparen)

Redundanz und Verwirrung des Kunden

Genug geträumt, zurück zur Realität: Die PDF wird, wenn man computeraffin ist, optimalerweise direkt auf dem PC ausgefüllt. Man wird schließlich per Hinweis aufmerksam gemacht „Hiermit bestelle ich: Bitte ausfüllen“ (Siehe Bild 5). Das ist dann wohl ein Call 2 Action.

Nächster Schritt: Auswählen des gewünschten Pakets (Siehe Bild 6). Auswählbare Optionen:

  • Telefonanschluss in zwei sich ausschließenden Varianten
  • Kombination aus Telefon- und Internetanschluss in zwei sich ausschließenden Varianten
  • Auslandsflatrates in drei Varianten
  • Internetanschluss als alleinstehendes Produkt
(6) Produktoptionen bei Willy.Tel

(6) Produktoptionen bei Willy.Tel

 

War man nicht vorher schon auf der Produktseite der Kombination aus Internet und Telefonie? Es wurde also schon ausgewählt! Mögliche Erklärung: Es handelt sich bei der PDF um eine allgemeine PDF für alle Produkte. Also keine zielgruppengerichtete Bestellung.
Zur eigentlichen Verwirrung kommt es an zwei Stellen. Erstens, als man mehrere, sich ausschließende Produkte gleichzeitig auswählen kann und es natürlich (!) auch tut. Wäre bei einem Online Bestellprozess wahrscheinlich nicht passiert. Zweitens, als man genötigt wird, den Taschenrechner rauszuholen, um den monatlichen Gesamtpreis zu errechnen – Oldschool, fällt einem dazu ein.

Schlussendlich druckt man das Formular aus, unterschreibt es und schickt es per Post an Willy.Tel (Adresse auf der zweiten Seite der PDF!)

Fragen über Fragen

Bevor das geschieht, beschäftigt mich noch eine Frage . Welche Hardware kriege ich mitgeliefert? Ist es ein WLAN Router oder ist er nur kabelgebunden? Hat er eine integrierte Serverfunktion? Auf der Suche nach einer E-Mail Adresse oder optimalerweise einer Live Chat Funktion, sucht man erstmal vergeblich (Man hat die PDF geöffnet).

Neues Fenster aufrufen (aus Faulheit möchte man die PDF nicht noch einmal ausfüllen) und kurz auf der Homepage unter Kontakt nachschauen.
Live Chat bietet sich nicht an, dafür aber 10 E-Mail Adressen nach Bereichen aufgegliedert. Ein Formular mit hierarchisch gegliederten, vordefinierten Bereichen hätte diesen Punkt wohl entschärft. Rechts daneben jedoch prominent aufgeführt, die 24h Hotline.(Siehe Bild 7)

Kontaktaufnahme Willy.Tel

Danke für das „an die Hand nehmen“! NOT! Kurz angerufen und man bekommt folgende Information.

Willy.Tel:Bitte vermerken sie in der PDF unter „Zusatzleistungen“, dass Sie gerne einen Router der Marke X mit WLAN- und integrierter Serverfunktion haben möchten

Ich:Gibt es da zusätzliche Kosten? Sind diese einmalig oder monatlich? Ist es garantiert, dass ich den gewünschten Router bekomme“ (So eine in Echtzeit aktualisierte Darstellung des Warenkorbwertes ist schon was feines (Siehe Bild 8))

Willy.Tel:Zu den Kosten und dem Router kann ich Ihnen jetzt nichts sagen.

(8) Kostenanzeige in Echtzeit bei Kabel Deutschland

(8) Kostenanzeige in Echtzeit bei Kabel Deutschland

 

Fragen über Fragen; welche der angekreuzten Optionen werden gebucht, wie lange dauert  die Schaltung oder welche Produktmerkmale besitzt die Hardware?

Fazit

Was ist bisher passiert?!

Wegen der Exklusivität des Kabelanschlusses kann man nicht mit dem gewünschten Anbieter (Kabel Deutschland) die vertragliche Bindung eingehen und wird dadurch automatisch auf den lokalen Anbieter Willy.Tel verwiesen. Bevor man die nächsten Schritte macht ist schon klar, dass man den Kauf abschließen wird.

Der Bestellprozess ist jedoch so hürdenbehaftet, dass man ab Schritt 4 (PDF ausfüllen) durch jeden weiteren Schritt demotiviert wird und schließlich doch beschließt, Internet über den Telefonanschluss zu nutzen. Obwohl die Darstellungsweisen anfangs erwartungskonform zu sein schienen, weckt der weitere Ablauf des Bestellprozesses weder Vertrauen noch Freude. Unsicherheit im Hinblick auf den Preis, auf das bestellte Produkt und den Bereitstellungszeitraum treten ein, da man sich jedes Mal fragt, wie der nächste Schritt aussieht. Der Ablauf bei Willy.Tel sah bei mir folgendermaßen aus:

  1. Schritt: Kaufentscheidung gefallen – Landung auf der Startseite von Willy.Tel
  2. Schritt: Auswahl des Produkts Internet & Telefonie
  3. Schritt: Auswahl des Produkts „DuoFlat“ – Suche nach dem nächsten Schritt
  4. Schritt: der nächste Schritt – Öffnen der PDF
  5. Schritt: erneute Auswahl der „DuoFlat“ und Ausfüllen der Adressdaten
  6. Schritt: sich ausschließende Produktmerkmale und fehlende Informationen
  7. Schritt: Suche nach Kontaktmöglichkeit wegen Schritt 6
  8. Schritt: wenig hilfreiche Informationen nach Kontaktaufnahme mit Willy.Tel
  9. Schritt: erneuter Versuch eine Auswahl (Schritt 6) zu treffen
  10. Schritt: Abbruch des Bestellprozesses

Was hat zu dem Abbruch geführt? Ein paar eingebaute Standards im Bestellprozess hätten mich als Kunden gewonnen. Fortschrittsanzeige, sich ausschließend wählbare Optionen, Formulare für die Adresseingabe, eine in Echtzeit aktualisierte Kostenangabe und eine E-Mail mit Bestätigung wären hilfreich gewesen.
Vergleicht man die Bestellprozess-Schritte zwischen Kabel Deutschland und Willy.Tel.de wird schnell klar, wo deutlich nachgearbeitet werden muss.